Stimmen für morgen – Eine Interviewreihe der NAN mit jungen Menschen über die Transformation der Wirtschaft
Niedersachsen will bis zum Jahr 2040 Treibhausgasneutralität erreichen. Dies kann nur gelingen, wenn wir alle mit anpacken. Eine besondere Rolle kommt dabei jenen zu, die gerade auf dem Weg in das Berufsleben sind: Azubis, Studierende, Schülerinnen und Schüler. Jährlich laden wir diese zur kostenfreien Teilnahme an den Niedersächsischen Energietagen (NET) ein, eine Veranstaltung, die den Diskurs zur Energiewende in Niedersachsen maßgeblich prägt.
Auch im November 2023 sind der Einladung wieder junge Menschen gefolgt und haben auf der Veranstaltung aktiv mitdiskutiert. Wir haben mit Ihnen im Nachgang über die NET, die Energiewende in Niedersachsen und ihren Blick auf eine Arbeitswelt im Wandel sprechen. Ihnen möchten wir eine „Stimme für morgen“ geben.
#2: Cornelius, TU Clausthal
Hallo Cornelius, du studierst Energie- und Materialphysik an der TU Clausthal. Was hat dich dazu bewogen, an den Niedersächsischen Energietagen 2023 teilzunehmen und wie hast du die Veranstaltung erlebt?
Hallo Yannick, ich habe mich die letzten drei Jahre fast täglich online informiert, wie die Energiewende vorankommt und wo dazu geforscht wird. Im Gespräch mit Dozenten habe ich oft eine große Skepsis in Bezug auf die Umsetzung der Energiewende wahrgenommen. Deshalb wollte ich mir letztes Jahr zum ersten Mal unmittelbarer anhören, welche Schwierigkeiten die Akteure sehen und was von den „bunten Flyern“ im Internet auch in der Realität ankommt. Schon letztes Jahr war die Beteiligung der Kommunen an Planung und Wertschöpfung ein wichtiger Impuls. Dieses Jahr wollte ich wissen, ob es die Kommunen tatsächlich schaffen können, die ihnen auferlegten Aufgaben umzusetzen und im Idealfall viele Skeptiker mitzunehmen. Mein Eindruck ist: Es gibt wahnsinnig gute Ideen, mittlerweile einen Markt für Software, die viel Arbeit abnimmt, und wirklich engagierte Leute, die den Kommunen, die jetzt in den Startlöchern stehen, viel Erfahrung vermachen können.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat in diesem Jahr einen echten Schub erlebt. Dennoch sind Wirtschaft und Gesellschaft noch weit vom Ziel der Treibhausgasneutralität entfernt. Was muss aus deiner Perspektive geschehen, damit Niedersachsen seine Klimaziele erreicht?
Ich hoffe, dass vor allem Potentiale der Laststeuerung bei Wärme und Wasserstoff zügig genutzt werden. Hilfreich wäre in meinen Augen auch, mit ein paar Mythen aufzuräumen. Keine Ahnung, woher sie (vor allem so schnell) kommen sollen, aber alle paar Wochen liest man noch, dass synthetische Kraftstoffe für private PKW in der Breite eine Zukunft hätten. Auch frage ich mich, wie gut die Leute im Schnitt beraten werden, wenn sie eine neue Heizung kaufen wollen. Ich habe oft das Gefühl, dass Technologieoffenheit von einigen Akteuren als Deckmantel für andere Interessen vorgeschoben wird.
Oft wird die Verantwortung für globalen Klimaschutz auf andere Länder geschoben. Wie können Politik und Wirtschaft speziell in Niedersachsen einer Vorbild-/Vorreiterrolle gerecht werden, sodass andere unserem Beispiel folgen?
Letztes Jahr wurde auf den NET unter anderem über die Flaschenhälse des „Energiewende-Turbos“ gesprochen. Dabei ging es unter anderem um massive Investitionskosten, um das geplante Tempo des Ausbaus halten zu können. Berechtigte Kritik an dem regierungsseitig gewünschten Szenario war, dass nach dem Ausbauturbo die Anlagen nicht mehr wirtschaftlich ausgelastet wären. Ich denke vertrauensvolle Partnerschaften, internationale Arbeitsteilung und eventuell Entwicklungshilfe in Form von Ausbildung und Hilfe bei der Energiewende könnten ein Weg sein, Doppelstrukturen zu reduzieren und international ein gerne gesehener Gast zu sein.
Du bist auf dem Weg ins Berufsleben. Wie sollte die Arbeitswelt von morgen aussehen? Was ist dir für dein Berufsleben wichtig? Was sind „must haves“/“no go‘s“?
Ich möchte in der Forschung und Entwicklung, zu der ich beizutragen hoffe, nicht nur eine Gewinnsteigerungsehen, sondern – und das ist kein Cliché – etwas für die globale(!) Gesellschaft tun. In meinen Augen sind im Moment die Senkung von Energiegestehungskosten im erneuerbaren Bereich und als nächstes großes Thema die Circular Economy gute Ansätze dafür.
No Go’s sind für mich vor allem billige Etikettiertricks bei Produkten (z.B. „Recycelbar“) und alle Arten von Verbrauchertäuschung. Im Gespräch mit Bekannten und teils aus eigener Erfahrung habe ich außerdem Informationsverlust als eins der teuersten Probleme rausgehört. Deswegen sind für mich klare Absprachen unverzichtbar. Allen rutscht mal was durch, wenn aber Wochen der Arbeit umsonst waren, muss man das erstmal verdauen, finde ich.
Vielen Dank für das freundliche Gespräch!
Mit Cornelius sprach Yannick Heringhaus, Geschäftsstelle NAN, im Dezember 2023.