Quelle: ©AdobeStock_300151423

NACHLESE: Aus­wir­kun­gen des Ener­gie­ef­fi­zi­enz­ge­set­zes und der VALE­RI-Norm für Unternehmen

Das Gesetz zur Stei­ge­rung der Ener­gie­ef­fi­zi­enz in Deutsch­land, bes­ser bekannt als Ener­gie­ef­fi­zi­enz­ge­setz (EnEfG), ist am 18. Novem­ber 2023 in Kraft getre­ten. Es gibt erst­mals nicht nur ver­bind­li­che sek­tor­über­grei­fen­de Ener­gie­ein­s­par­zie­le für Deutsch­land. Es bringt dar­über hin­aus eine Rei­he neu­er und kon­kre­ter Vor­ga­ben für Unter­neh­men mit sich und hat somit weit­rei­chen­de Aus­wir­kun­gen auf die deut­sche Wirt­schaft. Im Rah­men einer Online-Ver­an­stal­tung der Kli­ma­schutz- und Ener­gie­agen­tur Nie­der­sach­sen infor­mier­ten sich Ende Febru­ar 2024 mehr als 250 Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer über die Aus­wir­kun­gen des Ener­gie­ef­fi­zi­enz­ge­set­zes auf Unternehmen.

 

Das Ener­gie­ef­fi­zi­enz­ge­setz und sei­ne Pflich­ten für Unternehmen

Zunächst infor­mier­ten die Rechts­an­wäl­tin­nen Jac­que­line Anni Roth­kopf und Lena Zis­ka der Ener­gie­rechts­kanz­lei RITTER GENT COLLEGEN über die Pflich­ten und Fris­ten des Ener­gie­ef­fi­zi­enz­ge­set­zes (➥ Prä­sen­ta­ti­ons­fo­li­en; ➥ Mit­schnitt des Vor­trags).  Die Pflich­ten gemäß EnEfG wur­den dabei wie folgt zusam­men­ge­fasst (Folie 7, RGC):

Die Pflich­ten des Ener­gie­ef­fi­zi­enz­ge­set­zes im Schau­bild. Bild­quel­le: RITTER GENT COLLEGEN

Neu ist, dass all die­se Pflich­ten erst­mals an den Gesam­tend­ener­gie­ver­brauch (EEV) geknüpft sind. Die­se Infor­ma­ti­on führ­te zu Nach­fra­gen aus dem Teil­neh­mer-Kreis, da die Ener­gie­au­dit-Pflicht gemäß Ener­gie­dienst­leis­tungs­ge­setz (EDL-G) bis­lang vom KMU-Sta­tus abhän­gig ist. Die Refe­ren­tin­nen klär­ten auf: Das EDL-G gilt auch wei­ter­hin, so dass Nicht-KMU nach wie vor alle vier Jah­re ein Ener­gie­au­dit durch­füh­ren müs­sen, das den Anfor­de­run­gen der DIN EN 16247-1 ent­spricht. Die Rechts­an­wäl­tin­nen stell­ten jedoch eine geplan­te Novel­lie­rung des EDL-G in Aus­sicht, wonach die Ener­gie­au­dit-Pflicht zukünf­tig eben­falls vom EEV abhän­gig wer­den könnte.

Klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men mit einem EEV grö­ßer 2,5 GWh müs­sen nach Aus­sa­ge des BAFA hin­ge­gen kei­ne kon­kre­ten durch­führ­ba­ren Umset­zungs­plä­ne für End­ener­gie­ein­spar­maß­nah­men nach § 9 EnEfG ver­öf­fent­li­chen, da ihnen die Grund­la­ge für die Iden­ti­fi­ka­ti­on von Ener­gie­ef­fi­zi­enz­maß­nah­men feh­le (vgl. Folie 14 RGC). Ein Ener­gie- oder Umwelt­ma­nage­ment­sys­tem (EnMS/UMS) oder auch Ener­gie­au­dits wer­den hier­für als Vor­aus­set­zun­gen angesehen.

Die Bedeu­tung des Ener­gie­ma­nage­ments wächst mit dem Ener­gie­ef­fi­zi­enz­ge­setz. Bild­quel­le: AdobeStock_478338227

Für betroffene/verpflichtete Unter­neh­men gilt: Die nach § 9 EnEfG bin­nen drei Jah­ren zu erstel­len­den kon­kre­ten und durch­führ­ba­ren Umset­zungs­plä­ne sind zu ver­öf­fent­li­chen, z. B. auf der Inter­net­sei­te des Unter­neh­mens. Es gilt aller­dings kei­ne Umset­zungs­pflicht jener mit­hil­fe der VALE­RI-Norm iden­ti­fi­zier­ten wirt­schaft­li­chen End­ener­gie­ein­spar­maß­nah­men. Das EnEfG führt die Umset­zungs­pflicht der EnSim­i­MaV also nicht fort.

Unter­neh­men mit einem Gesam­tend­ener­gie­ver­brauch von mehr als 7,5 GWh sind fer­ner zur Ein­rich­tung eines EnMS oder UMS ver­pflich­tet. Bei den nach § 8 EnEfG ein­zu­füh­ren­den Manage­ment­sys­te­men muss es sich um ein Ener­gie­ma­nage­ment­sys­tem nach DIN EN ISO 50001 oder um das Umwelt­ma­nage­ment­sys­tem EMAS han­deln. Ein UMS nach DIN EN 14001 wird nicht aner­kannt. § 8 Abs. 3 EnEfG for­mu­liert zudem Min­dest­an­for­de­run­gen an die Manage­ment­sys­te­me, die sicher­stel­len sol­len, dass Unter­neh­men zum Bei­spiel in der Lage sind, ihre Abwär­me­po­ten­zia­le kon­ti­nu­ier­lich zu erfas­sen. Betrof­fe­ne Unter­neh­men soll­ten also ihre genutz­ten EnMS und UMS dahin­ge­hend über­prü­fen und ggf. Anpas­sun­gen vornehmen.

Im wei­te­ren Ver­lauf der Ver­an­stal­tung wur­den die Aus­kunfts- und Mel­de­pflich­ten zur Abwär­me vor­ge­stellt (§ 16 f. EnEfG). Die erst­ma­li­ge Über­mit­te­lung der Infor­ma­tio­nen für Unter­neh­men ab einem EEV von mehr als 2,5 GWh zum 01.01.2024 wur­de durch das BMWK bis zum 30.06.2024 aus­ge­setzt. Im Anschluss erfolgt die jähr­li­che Über­mitt­lung der Infor­ma­tio­nen bis zum 31.03.

Der Bei­trag der Rechts­an­wäl­tin­nen ende­te mit einem kur­zen Exkurs zu den öko­lo­gi­schen Gegen­leis­tun­gen für Pri­vi­le­gi­en. Bis­lang war die Ein­füh­rung von Ener­gie­ma­nage­ment­sys­te­men an jene Nut­zung von Pri­vi­le­gi­en geknüpft. Gewähr­te Bei­hil­fen müs­sen zusätz­lich in Maß­nah­men zur Ver­bes­se­rung der Ener­gie­ef­fi­zi­enz bzw. des Kli­ma­schut­zes ein­ge­setzt wer­den (vgl. Folie 32 RGC).

Hil­fe­stel­lun­gen wie die zugrun­de lie­gen­den Geset­zes­tex­te und diver­se Merk­blät­ter sind Folie 30 zu entnehmen:

Ein­füh­rung in die Bewer­tung von ener­gie­be­zo­ge­nen Inves­ti­tio­nen nach DIN EN 17463 (VALERI)

Pro­fes­sor Ulrich Nis­sen von der Hoch­schu­le Nie­der­rhein stell­te in sei­nem Bei­trag die für die wirt­schaft­li­che Bewer­tung von ener­gie­be­zo­ge­nen Inves­ti­tio­nen zugrun­de lie­gen­de Norm vor, die DIN EN 17463 – auch VALE­RI-Norm genannt (➥ Prä­sen­ta­ti­ons­fo­li­en; ➥ Mit­schnitt des Vor­trags). Die VALE­RI-Norm hilft Unter­neh­men seit dem Jahr 2021 dabei, wirt­schaft­lich vor­teil­haf­te Kli­ma­schutz­maß­nah­men zu iden­ti­fi­zie­ren und ent­spre­chen­de Ener­gie­ein­spar­po­ten­zia­le aus­zu­schöp­fen. Es han­delt sich um eine nor­ma­ti­ve Norm, deren Ein­hal­tung geprüft wer­den kann. Die VALE­RI-Norm ist inzwi­schen in einer Viel­zahl von Geset­zes­tex­ten vor­ge­schrie­ben – eben auch im EnEfG. Pro­fes­sor Nis­sen beton­te, dass die Wirt­schaft­lich­keits­de­fi­ni­tio­nen der Geset­zes­tex­te jedoch vari­ie­ren und die Wirt­schaft­lich­keits­be­trach­tung je nach Geset­zes­grund­la­ge zu erfol­gen hat.

So gilt gemäß § 8 EnEfG eine Maß­nah­me „als wirt­schaft­lich, wenn sich […] nach maxi­mal 50 Pro­zent der Nut­zungs­dau­er ein posi­ti­ver Kapi­tal­wert ergibt, jedoch begrenzt auf Maß­nah­men mit einer Nut­zungs­dau­er von maxi­mal 15 Jah­ren. Zur Bestim­mung der Nut­zungs­dau­er sind die Abschrei­bungs­ta­bel­len für die Abset­zung für Abnut­zung [sog. AfA-Tabel­len] des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Finan­zen zu ver­wen­den.“ Maß­nah­men mit Nut­zungs­dau­ern von mehr als 15 Jah­ren (z. B. im Bereich der Gebäu­de­sa­nie­rung) müs­sen dem­nach nicht bewer­tet werden.

Pro­fes­sor Nis­sen erläu­ter­te anhand eines Rechen­bei­spiels die Kapi­tal­wert­me­tho­de und gab Hin­wei­se, wie Berech­nungs­pa­ra­me­ter bestimmt wer­den kön­nen. Wesent­li­chen Ein­fluss auf den Kapi­tal­wert haben dem­nach die Plan-Nut­zungs­dau­er, Preis­än­de­rungs­ra­ten als auch der Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz. Sie soll­ten so gewählt wer­den, dass sie (für Drit­te) nach­voll­zieh­bar sind. So kann der Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz in Abhän­gig­keit der geplan­ten Finan­zie­rung (Eigen-, Fremd­ka­pi­tal, Misch­fi­nan­zie­rung) in Anleh­nung an die erwar­te­te Gesamt­ka­pi­tal­ren­di­te des Unter­neh­mens bzw. Kre­dit­zins gewählt wer­den (vgl. Folie 13, Nissen).

Die VALE­RI-Norm geht über die Anwen­dung der Kapi­tal­wert­me­tho­de hin­aus. Die Inhal­te der Norm kön­nen fol­gen­dem Sche­ma ent­nom­men wer­den (Folie 20, Nissen):


Inhal­te der VALE­RIE-Norm im Schau­bild. Bild­quel­le: Prof. Ulrich Nissen

Im Schritt A wer­den sämt­li­che Nut­zen und Anstrengungen/Lasten der geplan­ten Maß­nah­men auf­ge­lis­tet, auch die nicht-mone­tä­rer Art. Im nächs­ten Schritt (B) erfolgt die Bewer­tung der Maß­nah­me anhand der Kapi­tal­wert­me­tho­de. Dabei ist eine Sze­na­rio­ana­ly­se ver­pflich­tend (most likely case, worst case, best case); eine Sen­si­ti­vi­täts­ana­ly­se ist hin­ge­gen frei­wil­lig. Sind alle Ana­ly­sen durch­ge­führt und haben ent­spre­chen­de Ergeb­nis­in­ter­pre­ta­tio­nen statt­ge­fun­den (Schritt C), legt das Unter­neh­men im Schritt D sämt­li­che Ergeb­nis­se und zugrun­de lie­gen­de Berech­nun­gen in einem stan­dar­di­sier­ten Bericht nach­voll­zieh­bar dar. Die Glie­de­rung eines sol­chen Berichts ist Folie 26 zu ent­neh­men. Der Bericht ist als PDF mit offe­ner Excel­ta­bel­le als Anhang zu ver­fas­sen, so dass gesetz­te Annah­men nach­voll­zieh­bar sind.

Pro­fes­sor Nis­sen bie­tet auf sei­ner Inter­net­sei­te einen Leit­fa­den zur Anwen­dung der VALE­RI-Norm an: DIN EN 17463 VALERI (ulrichnissen.de).

Kon­takt:

Ann Kru­se

0511 89 70 39-41
ann.kruse [at] klimaschutz-niedersachsen.de