Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Einen Überblick zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) finden Sie hier. Die einzelnen Abschnitte erklären, wie das LkSG in der Praxis umgesetzt werden soll.
Was ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?
Durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, sollen Umweltschutz und die Einhaltung der Menschenrechte permanent in die Wertschöpfungsprozesse von Unternehmen der deutschen Wirtschaft integriert werden. Dadurch soll die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen über betriebliche Grenzen hinaus gesichert werden.
Dieses Gesetz hält Unternehmen dazu an Risiken für die Umwelt oder mögliche Verletzungen der Menschenrechte frühzeitig zu erkennen, zu verhindern und zu reduzieren. Ein Beschwerdeverfahren gibt zivilen Akteuren zudem die Möglichkeit Unternehmen auf Missstände hinzuweisen. Außerdem sollen durch die Berichtspflicht wirtschaftliche Aktivitäten transparenter werden.
Was ist das Ziel des LkSG?
Durch die mit dem LkSG eingeführten Mechanismen, soll sichergestellt werden, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten der betroffenen Unternehmen und ihrer Zulieferer nicht gegen die Menschenrechte verstoßen und nicht umweltschädlich sind. Durch die gesteigerte Transparenz und die eingeführten Sanktionen bei einem Verstoß, soll sichergestellt werden, dass der Arbeitsschutz nach nationalem Recht und die 8 ILO-Kernarbeitsnormen gewährleistet werden. Hierbei liegt ein besonderer Fokus auf der Eliminierung von Kinderarbeit und Sklaverei. Außerdem soll verhindert werden, dass entlang der Lieferketten Lohn vorenthalten und gleichwertige Arbeit ungleich bezahlt wird. Ebenso soll die Zwangsräumung und der Entzug von Land unterbunden werden.
Wenn im Zuge von wirtschaftlichen Tätigkeiten private oder öffentliche Sicherheitskräfte eingesetzt werden, dann soll verhindert werden, dass durch mangelnde Unterweisung oder fehlende Kontrolle Menschen in ihrer Koalitionsfreiheit eingeschränkt, verletzt, erniedrigt oder Opfer von Folter und Mord werden.
Um den Umweltschutz zu sichern, sollen wirtschaftliche Tätigkeiten hinsichtlich potentieller schädlicher Bodenveränderungen und Verschmutzungen von Wasser und Luft untersucht werden. Außerdem soll eine Abfallentsorgung garantiert werden, die Umweltrisiken minimiert.
Welche Unternehmen sind von dem LKSG betroffen?
- Ab 01.01.2023 Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden
- Ab 01.01.2024 Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden
Die Unternehmen benötigen für den eigenen Bericht alle Daten über die Auswirkungen ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten entlang der Lieferketten. Daher wird die Berichtspflicht jeweils an die unmittelbaren und mittelbaren Zulieferer weitergegeben. Somit werden auch kleinere Unternehmen indirekt vom LkSG betroffen sein.
Konkrete Umsetzung des LkSG durch Unternehmen
Resultierend aus den Ergebnissen der Risikobewertung ergeben sich Handlungsoptionen für Unternehmen, um wirtschaftliche Aktivitäten (wieder) in den Einklang mit dem LkSG zu bringen. Sie dienen entweder der Risikoprävention oder der Schadensminderung und beziehen sich direkt auf das Unternehmen oder die unmittelbaren Zulieferer.
Präventionsmaßnahmen:
Um die Implementierung der Menschrechtsstrategie aus der Grundsatzerklärung zu gewährleisten, müssen Präventionsmaßnahmen ergriffen werden. Dafür müssen Strategien angepasst werden, um Risiken präventiv zu begegnen. Die Einkaufspraktiken und -strategien müssen verändert werden, um mögliche Risiken entlang der Lieferkette zu minimieren. Außerdem sollten Schulungen und risikobasierte Kontrollmaßnahmen in Erwägung gezogen werden.
Unternehmen müssen zudem bezüglich ihrer unmittelbaren Zulieferern angemessene Präventionsmaßnahmen umsetzen. Das betrifft vor allem die Zulieferauswahl. Schulungen und Weiterbildungen können allerdings auch dazu beitragen, dass Zulieferer ihren Verpflichtungen nachkommen können. Des weiteren müssen vertraglich Kontrolmechanismen vereinbart werden. Ebenso muss vertraglich zugesichert werden, dass die erforderlichen Vorgaben eingehalten werden. Sollten Unternehmen feststellen, dass die Sorgfaltspflichten bei Zulieferern oder im eigenen Betrieb nicht eingehalten werden, dann müssen unverzüglich Abhilfemaßnahmen zur Risikominimierung ergriffen werden. Es kann sich also nicht auf eine vertragliche Zusicherung verlassen werden.
Abhilfemaßnahmen zur Risikominimierung:
Wenn die Risikoanalyse feststellt, dass unmittelbare Aktivitäten des Unternehmens oder in der Lieferkette die Ziele des LkSG verletzen, so sollte umgehend gehandelt werden. Die Unternehmen sollten die Aktivitäten schnellstmöglich beenden. Sollten Sorgfaltspflichtverletzungen durch unmittelbare Zulieferer nicht zeitnah minimiert oder beendet werden können, so muss gemeinsam ein konkreter Aktionsplan zur Schadensminimierung entwickelt und umgesetzt werden. Für den Zeitraum der Umsetzung des Maßnahmenplans, können die Geschäftsbeziehungen auch temporär ausgesetzt werden. Die Geschäftsbeziehungen sollten allerdings nur eingestellt werden, wenn die Sorgfaltspflichtsverletzungen als sehr schwerwiegend bewertet werden, der Maßnahmenplan keine Abhilfe schafft oder das Unternehmen keine andere Möglichkeit zur Minimierung des Schadens ergreifen kann.
Für die Umsetzung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen können sich Unternehmen auch zu Brancheninitiativen zusammenschließen. Drive Sustainability kann hier als Praxisbeispiel dienen. In dieser Brancheninitative haben Automobilhersteller einen einheitlichen Fragebogen zur Selbstauskunft zu entwickelt, welcher von Zulieferern ausgefüllt werden muss. Damit soll die Grundlage für eine Zusammenarbeit gesichert werden. Sollten Lücken oder Misstände durch den Fragebogen auffallen, bieten verschiedene Automobilhersteller Schulungen und Workshops an, um Zuliefer zu unterstützen, die Anforderungen zu erfül- len.
Siehe: https://www.drivesustainability.org, https://www.csr-in-deutschland.de/DE/Wirt- schaft-Menschenrechte/Umsetzungshilfen/Branchendialoge/Automobilindustrie/Praxis- beispiele/Praxisbeispiele.html
Wie soll die Risikoanalyse aussehen?
Um die Risiken für Mensch und Umwelt entlang der Lieferkette bewerten zu können, müssen Unternehmen jährlich und anlassbezogen Risikoanalysen durchführen. Die Risikonalyse dient der Erkennung, Gewichtung und Priorisierung von Risiken. Sie muss den Tätigkeitsbereich der Unternehmen, sowie den der unmittelbaren Zulieferer auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken untersuchen. Sollte anlassbezogen geprüft werden, so muss die Prüfung auch die mittelbaren Zulieferer berücksichtigen. Anlässe ergeben sich beispielsweise aus ernstzunehmenden Hinweisen auf Menschenrechtsverletzungen (z.B. im Beschwerdeverfahren) oder durch größere Veränderungen in der Lieferkette, mit denen auch eine Veränderung der Risikosituation einhergeht. Das kann zum Beispiel durch die Einführung neuer Produkte der Fall sein. Um die Qualität der Risikoanalyse zu garantieren, können zusätzlich zum eigenen Personal externe Organisationen hinzugezogen werden. Bei der Analyse sollten auch die Ergebnisse der Beschwerdeverfahren herangezogen werden.
Die Ergebnisse der Risikoanalyse müssen an Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit kommuniziert werden. Außerdem darf die Risikoanalyse nicht umgangen werden, indem unmittelbare Zulieferungsbeziehungen missbräuchlich gestaltet werden.
Eine nützliche Handreichung zur Durchführung der Risikoanalyse können Sie hier finden.
Wie kann das Risikomanagement gestaltet werden?
Für ein erfolgreiches Risikomanagement sind drei Punkte besonders wichtig:
- Zuständigkeit. Das heißt die Zuständigkeit für das Risikomanagement muss eindeutig geklärt sein, beispielsweise durch eine:n Menschenrechtsbeauftragte:n.
- Verantwortung teilen. Risikomanagement sollte in allen Geschäftsabläufen eines Unter- nehmens verankert werden.
- Stakeholder Partizipation. Für das Risikomanagement sollten alle Stakeholder des Unternehmens berücksichtig werden. Das schließt die eigene Belegschaft, die Belegschaft der Zulieferer, aber auch andere Betroffene der wirtschaftlichen Aktivitäten ein.
Auch hier gilt, dass die Geschäftsleitung jährlich über den aktuellen Stand der Dinge infor- miert werden sollte.
Was ist die Grundsatzerklärung im LkSG?
Im Zuge des LkSG sind Unternehmen dazu verpflichtet eine Grundsatzerklärung abzugeben. Diese muss eine Menschrechtstrategie enthalten, um die Sorgfaltspflichten einzuhalten. Außerdem muss deutlich werden, wie Unternehmen die Durchführung von Risikoanalysen gewährleisten, ein Risikomanagmentsystem implementieren und Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen. Außerdem muss aus der Grundsatzerklärung hervorgehen, welche Risiken identifiziert wurden und Priorität in ihrer Minimierung haben. Die Grundsatzerklärung muss auch Informationen zum Beschwerdeverfahren bieten. Unternehmen müssen des Weiteren angeben, wie sie ihrer Berichtspflicht nachkommen. Zudem müssen Unternehmen kommunizieren, welche menschenrechtlichen und umweltbezogenen Erwartungen an Beschäftigte und Zulieferer aus der Risikoanalyse hervorgehen.
Wie funktioniert das Beschwerdeverfahren?
Unternehmen sind durch das LkSG verpflichtet, Betroffenen einen Zugang zu einem Beschwerdeverfahren zu gewährleisten. Dadurch wird das Hinweisrecht der Betroffenen gestärkt. Für Unternehmen besteht die Möglichkeit, ein eigenes Verfahren für Beschwerden zu schaffen oder externe Beschwerdeverfahren zur Verfügung zu stellen. Diese Verfahren ermöglichen es betroffenen Personen oder Personen, die von der Betroffenheit anderer wissen, auf Missstände hinzuweisen. Somit wird Personen schon bei einer potentiellen Betroffenheit die Möglichkeit gegeben, Beschwerden aufgrund von (möglicher) Sorgfaltspflichtsverletzungen einzureichen. Um eine Beschwerde einzureichen, müssen Betroffene den Sachverhalt schriftlich erörtern. Die Beschwerden müssen darauffolgend von einer Stelle geprüft werden, die weder parteiisch noch weisungsgebunden ist. Außerdem müssen Unternehmen dafür sorgen, dass Informationen zu dem Verfahren öffentlich zugänglich sind. Der Datenschutz der Hinweisgebenden muss allerdings gewährleistet werden. Des Weiteren muss den Hinweisgebenden ein wirksamer Schutz vor Benachteiligung und Bestrafung garantiert werden. Um die Funktionalität des Beschwerdeverfahrens zu garantieren, sollte dieses jährlich geprüft werden.
Welche Dokumentations- und Berichtspflichten gibt es?
Betroffene Unternehmen müssen fortlaufend dokumentieren, wie sie ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Jährlich muss ein Bericht veröffentlicht werden, welcher Aufschluss darüber gibt, welche Risiken sich für die Einhaltung der Menschenrechte und den Umweltschutz aus den Aktivitäten des Unternehmens ergeben. Außerdem muss berichtet werden welche Maßnahmen das Unternehmen ergreift, um die Risiken zu minimieren und wie effektiv diese sind. Aus dem Bericht sollte zudem hervorgehen, welche Maßnahmen in Zukunft ergriffen oder wie Maßnahmen angepasst werden müssen, um ein verantwortliches Wirtschaften zu gewährleisten. Die Berichte müssen spätestens vier Monate nach Schluss des Geschäftsjahres online veröffentlicht und sieben Jahre aufbewahrt werden.
Worin unterscheidet sich das LkSG zur CSDDD?
Auch die Europäische Union sieht durch die European Corporate Sustainability Due Dili- gence Directe eine Nachhaltigkeitsverantwortung für ihre gesamte Lieferkette bei Unternehmen. Diese soll im Jahr 2025 in Kraft treten und unterscheidet sich wesentlich in der Größe der betroffenen Unternehmen, der Ziele und der juristischen Konsequenzen. Die finale Form der CSDDD wird vorraussichtlich erst in der ersten Hälfte des Jahres 2024 beschlossen. Es bleibt also abzuwarten, wie diese aussehen wird. Vorraussichtlich wird sich die CSDDD allerdings in folgenden Punkten vom LkSG unterscheiden:
Wen betrifft die CSDDD?
- Ab 01.01.2025 europäische Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen € und nicht-europäische Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen € (davon 40 Millionen € in der EU erwirtschaftet)
- Ab 01.01.2027 europäische Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mehr als 40 Millionen €, wenn davon mindestens 50 % aus „high-risk industries“ stammt, zum Beispiel Landwirtschaft oder Textilindustrie
Welche Ziele sind anders?
Die EU bekennt sich in der CSDDD klar und deutlich zu den aktuellen europäischen Klimazielen (1,5°-Grad Ziel, Klimaneutralität bis 2050, 55% Emissionsrückgang bis 2030). Sie erwartet von Unternehmen, dass diese im Zuge der CSDDD ihren Beitrag zur Einhaltung leisten. Außerdem müssen bei der Risikoanalyse von Unternehmen auch die Konsumenten und Entsorger der Produkte berücksichtigt werden.
Wie wird die Einhaltung des LkSG kontrolliert?
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ist für die Umsetzung des LkSG zuständig. Es bildet somit auch die Kontrollinstanz für das LkSG. Um das LkSG kontrollieren zu können, kann das BAFA Personen laden und Pläne oder konkrete Handlungen vorgeben. Des Weiteren bestehen von Seiten des BAFAs Betretens- und Einsichtsrechte. Außerdem unterliegen Unternehmen Auskunfts- und Herausgabepflichten, sowie Duldungs- und Mitwirkungspflichten. Zusätzlich kann das BAFA auch Beweismittel beschlagnahmen.
Welche Sanktionen könnten Unternehmen treffen?
Die Bußgeldregelungen sind in §24 genau geregelt. Bei einem Verstoß gegen das LkSG können Bußgelder gestaffelt in Höhe von bis zu 800.000 € verhangen werden (§24 Abs. 2). Bei Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 400 Millionen € können diese bis zu 2% des Jahresumsatzes betragen (§24 Abs. 3). Wenn Bußgelder verhangen werden, die höher sind als 175.000 €, dann werden die Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge für die nächsten drei Jahre ausgeschlossen (§22 Abs. 1 & 2). Außerdem können Zwangsgelder in Höhe von bis zu 50.000 € verhangen werden (§23). Bei einem Verstoß gegen das LkSG wird zudem ein Eintrag ins Wettbewerbsregister vorgenommen und Vermögen wird abgeschöpft.