EU-Kommission vereinfacht Nachhaltigkeitsberichterstattung mit Omnibus-Verordnung
Die Europäische Kommission hat eine weitreichende Omnibus-Verordnung verabschiedet, die signifikante Änderungen an den Vorschriften der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) sowie der EU-Taxonomie vorsieht. Ziel dieser Reform ist es, Unternehmen von bürokratischem Aufwand zu entlasten und deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, während Nachhaltigkeitsziele weiterhin verfolgt werden.
Diese Überarbeitung erfolgt als Reaktion auf zunehmende Kritik, insbesondere aus der Wirtschaft, wonach die bisherigen Berichtspflichten kleine und mittlere Unternehmen (KMU) finanziell und administrativ stark belasteten. Die neue Verordnung zielt darauf ab, klare Erleichterungen und praxisgerechte Anpassungen umzusetzen.
Wesentliche Änderungen durch die Omnibus-Verordnung
- Änderungen an der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)
Anhebung der Schwellenwerte
Die Omnibus-Verordnung hebt die Schwellenwerte für die Nachhaltigkeitsberichterstattung an. Künftig sind nur noch Unternehmen berichtspflichtig, die mehr als 1.000 Mitarbeitende haben und entweder einen Umsatz von über 50 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von mehr als 25 Millionen Euro aufweisen. Diese Änderung hat zur Folge, dass etwa 80 % der bisher betroffenen Unternehmen von der Berichtspflicht entbunden werden. Die EU-Kommission verfolgt damit das Ziel, insbesondere mittelständische Unternehmen von übermäßiger Bürokratie zu entlasten und deren wirtschaftliche Stabilität zu fördern.
Verlängerte Fristen für Unternehmen
Für Unternehmen, die durch die neuen Schwellenwerte nicht mehr unter die CSRD fallen, verlängert sich die Frist zur Erfüllung der Berichtspflichten erheblich. Statt bereits in den kommenden Jahren Berichte einreichen zu müssen, müssen sie erst ab dem Geschäftsjahr 2027 entsprechende Nachhaltigkeitsberichte vorlegen. Diese Anpassung gibt den betroffenen Unternehmen ausreichend Zeit, um sich auf die neuen Regelungen einzustellen und entsprechende Prozesse zu implementieren.
Streichung sektorspezifischer Nachhaltigkeitsstandards
Eine weitere Erleichterung für Unternehmen ergibt sich aus der Entscheidung, sektorspezifische European Sustainability Reporting Standards (ESRS) aus der CSRD zu streichen. Ursprünglich war vorgesehen, dass Unternehmen zusätzliche branchenspezifische Berichtspflichten erfüllen müssten, die noch weitergehende Nachhaltigkeitsinformationen erfordert hätten. Durch die Streichung dieser Vorgabe soll der Umfang der Berichtspflichten deutlich reduziert und die administrative Belastung für Unternehmen minimiert werden.
Überarbeitung bestehender ESRS
Zusätzlich zur Streichung sektorspezifischer Standards plant die EU eine grundlegende Überarbeitung des ersten Sets der ESRS, das 2023 in Kraft getreten ist. Ziel ist es, die Anzahl der verpflichtenden Berichtsangaben erheblich zu reduzieren. Dabei sollen weniger relevante Datenpunkte gestrichen werden, während quantitativen Kennzahlen gegenüber narrativen Berichten Vorrang eingeräumt wird. Darüber hinaus soll eine klarere Unterscheidung zwischen verpflichtenden und freiwilligen Angaben geschaffen werden, um Unternehmen mehr Flexibilität zu bieten. Innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Omnibus-Verordnung soll ein delegierter Rechtsakt erlassen werden, der die erforderlichen Anpassungen im Detail regelt.
- Änderungen an der EU-Taxonomie
Vereinfachung der Meldepflichten
Unternehmen, die unter die EU-Taxonomie fallen, profitieren künftig von deutlich vereinfachten Meldepflichten. Während sie bislang umfangreiche Angaben zu ihrer Nachhaltigkeitskonformität bereitstellen mussten, wird der Umfang dieser Berichtspflichten nun reduziert. Ziel ist es, insbesondere nicht-finanzielle Unternehmen zu entlasten und ihnen die Umsetzung der Taxonomie-Anforderungen zu erleichtern.
Vereinfachung der Berechnung des grünen Umsatzanteils
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vereinfachung der Berechnung des sogenannten „grünen Umsatzanteils“. Unternehmen mussten bisher aufwendige Berechnungen anstellen, um darzustellen, welcher Anteil ihrer Umsätze als nachhaltig im Sinne der EU-Taxonomie gilt. Die neuen Regelungen sorgen für eine pragmatischere Herangehensweise, die den administrativen Aufwand senkt und zugleich die Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichte zwischen verschiedenen Unternehmen verbessert.
- Änderungen an der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)
Einschränkung der Sorgfaltspflichten
Die Omnibus-Verordnung bringt auch erhebliche Änderungen für die CSDDD mit sich. Besonders bedeutend ist die Einschränkung der Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten. Während Unternehmen bislang verpflichtet waren, Nachhaltigkeitsrisiken über ihre gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu analysieren, wird dieser Pflichtumfang nun auf direkte Geschäftspartner, sogenannte Tier-1-Lieferanten, beschränkt. Eine weitergehende Überprüfung der gesamten Lieferkette wird nur noch dann erforderlich, wenn es glaubwürdige Hinweise auf Risiken oder Verstöße gibt, etwa durch Berichte von Medien oder Nichtregierungsorganisationen (NGOs).
Reduzierung der Prüfungsfrequenz
Ein weiterer Punkt zur Entlastung der Unternehmen ist die Verringerung der Prüfungsfrequenz für die Angemessenheit und Wirksamkeit ihrer Sorgfaltspflichten. Statt einer jährlichen Prüfung müssen Unternehmen diese nun nur noch alle fünf Jahre durchführen. Dies reduziert den administrativen Aufwand erheblich und gibt Unternehmen mehr Flexibilität bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategien.
Wegfall der zivilrechtlichen Haftung
Die ursprünglich in der CSDDD vorgesehene EU-weite zivilrechtliche Haftung („civil liability“) wird gestrichen. Unternehmen haften somit nicht mehr automatisch für Verstöße, die in ihrer Lieferkette auftreten, sondern sind lediglich dazu verpflichtet, angemessene Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen.
Abschaffung der Pflicht zur Umsetzung eines Klimaübergangsplans
Unternehmen, die unter die CSDDD fallen, mussten bislang nicht nur einen Klimaübergangsplan vorlegen, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen einleiten. Diese Verpflichtung entfällt nun. Künftig reicht es aus, einen Plan zu erstellen, ohne dass unmittelbar verpflichtende Maßnahmen umgesetzt werden müssen.
Verlängerung der Umsetzungsfrist
Schließlich wurde auch die Frist für die erstmalige Anwendung der CSDDD um ein Jahr verlängert. Unternehmen haben nun bis zum 26. Juli 2028 Zeit, die neuen Sorgfaltspflichten umzusetzen. Diese Fristverlängerung soll ihnen ermöglichen, sich gründlicher auf die neuen Anforderungen vorzubereiten und notwendige interne Prozesse schrittweise anzupassen.
Fazit
Mit der Omnibus-Verordnung vollzieht die EU-Kommission eine weitreichende Anpassung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, um Unternehmen von übermäßiger Bürokratie zu entlasten. Besonders kleine und mittlere Unternehmen profitieren von der Reduktion der Berichtspflichten, während große Unternehmen weiterhin zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen verpflichtet bleiben.
Während die Vereinfachungen von der Wirtschaft positiv aufgenommen werden, äußern Umweltorganisationen Bedenken, dass die neuen Regelungen die Nachhaltigkeitsziele der EU abschwächen könnten. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig mit den geänderten Anforderungen auseinandersetzen, um weiterhin eine transparente und verlässliche Nachhaltigkeitsstrategie zu verfolgen.
Weiterführende Informationen finden Sie auf den offiziellen Seiten der EU-Kommission:
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_25_615