Quelle: Kristin Reimers

Auto­no­mes Fah­ren im ÖPNV – soli­da­risch und gerecht gestalten

Inwie­fern spielt auto­no­mes Fah­ren eine Rol­le im Öffent­li­chen Nah­ver­kehr? Was haben auto­no­mes Fah­ren, Ver­kehrs­wen­de und gute Arbeit mit­ein­an­der zu tun? Wel­che Chan­cen birgt der Ein­satz auto­nom fah­ren­der Fahr­zeu­ge im ÖPNV und vor wel­chen Her­aus­for­de­run­gen ste­hen wir in die­sem Zusammenhang?

Um die­se Fra­gen und noch vie­le wei­te­re dreh­te sich die von der Koope­ra­ti­ons­stel­le Hoch­schu­len und Gewerk­schaf­ten Osna­brück und der Nie­der­sach­sen Alli­anz für Nach­hal­tig­keit orga­ni­sier­ten Ver­an­stal­tung im Rah­men der Digi­ta­len Woche an der Uni­ver­si­tät Osnabrück.

Refe­rent Yan­nick Tho­ma von ago­ra Ver­kehrs­wen­de führ­te in das The­ma ein und pro­gnos­ti­zier­te, für die sozi­al-öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­ti­on brau­che es bis 2045 im Ver­gleich zu heu­te mehr als das Dop­pel­te an Bus und Bahn. Über­dies sei der ÖPNV auch stark vom demo­gra­fi­schen Wan­del betrof­fen: bis 2030 wer­den jähr­lich cir­ca 6000 Arbeitnehmer*innen in ihren wohl­ver­dien­ten Ruhe­stand tre­ten. Sie hin­ter­las­sen eine gro­ße Per­so­nal­lü­cke. Dabei ist die Lage schon jetzt pre­kär, denn ein Vier­tel der deut­schen Bevöl­ke­rung lei­de bereits heu­te unter einer schlech­ten Anbin­dung an den ÖPNV. Zu den Schluss­lich­tern gehört neben Sach­sen-Anhalt unter ande­rem auch Nie­der­sach­sen. Vor die­sem Hin­ter­grund sei die For­cie­rung Auto­no­men Fah­rens im ÖPNV von zen­tra­ler Bedeu­tung für eine Mobi­li­täts­wen­de. Ohne Auto­ma­ti­sie­rung, so die The­se des Refe­ren­ten, wird es bis 2030 sonst noch weni­ger ÖPNV-Ange­bo­te geben als bereits heu­te bestehen.

Mit der recht­li­chen Rah­men­set­zung für auto­no­mes Fah­ren hat Deutsch­land bereits die Wei­chen in Rich­tung Zukunft gestellt. 2024 wur­de noch von der Ampel-Regie­rung eine Stra­te­gie zum Auto­no­men Fah­ren ver­ab­schie­det. Die aktu­el­le Bun­des­re­gie­rung hat sich eben­falls vor­ge­nom­men einen Leit­markt für auto­no­mes Fah­ren zu schaf­fen. Aller­dings wer­den bis­her nur Modell­re­gio­nen geför­dert, deren Pro­jek­te nach dem Ende der Test­ver­si­on in der Regel wie­der ver­schwin­den. Als gelun­ge­ne Vor­zei­ge­pro­jek­te kön­nen jedoch KIRA in Offenbach/ Darm­stadt und AHOI in Ham­burg genannt wer­den. Seit Sep­tem­ber 2025 wird Albus auf einer bestehen­den Linie in einem Vor­ort von Han­no­ver erprobt.

Rei­ner Schäl vom ver.di-Landesbezirk Weser-Ems bewer­te­te im Anschluss das The­ma aus gewerk­schaft­li­cher Sicht. Er bestä­tig­te, dass der bestehen­de Per­so­nal­man­gel schon heu­te zu einem Ange­bots­rück­gang durch län­ge­re Tak­tun­gen und der Ein­stel­lung gan­zer Lini­en v.a. im länd­li­chen Raum führt. Gleich­zei­tig bedarf eine Auto­ma­ti­sie­rung nicht unbe­dingt weni­ger Per­so­nal, son­dern bringt im Wesent­li­chen ver­än­der­te und neue Berufs­bil­der mit sich. Zudem hängt der ÖPNV exis­ten­zi­ell von der öffent­li­chen Finan­zie­rung durch die Kom­mu­nen ab. Die­se sehen sich jedoch nicht in der Lage, eine aus­rei­chen­de Finan­zie­rung des ÖPNVs sicher­zu­stel­len. Dabei braucht es weit­rei­chen­de finan­zi­el­le Mit­tel, um den Ver­kehr vom moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehr – der noch immer 75% des Ver­kehrs aus­macht und zu hohen CO2-Emis­sio­nen im Ver­kehrs­sek­tor führt – zu ver­la­gern. Wer die­se Pro­ble­me lösen und damit eine öko­lo­gi­sche und sozia­le Mobi­li­täts­wen­de erzie­len will, muss nicht nur in öffent­li­ches Auto­no­mes Fah­ren inves­tie­ren, son­dern gene­rell den ÖPNV mas­siv stär­ken und ausbauen.