Inwiefern spielt autonomes Fahren eine Rolle im Öffentlichen Nahverkehr? Was haben autonomes Fahren, Verkehrswende und gute Arbeit miteinander zu tun? Welche Chancen birgt der Einsatz autonom fahrender Fahrzeuge im ÖPNV und vor welchen Herausforderungen stehen wir in diesem Zusammenhang?
Um diese Fragen und noch viele weitere drehte sich die von der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften Osnabrück und der Niedersachsen Allianz für Nachhaltigkeit organisierten Veranstaltung im Rahmen der Digitalen Woche an der Universität Osnabrück.

Referent Yannick Thoma von agora Verkehrswende führte in das Thema ein und prognostizierte, für die sozial-ökologische Transformation brauche es bis 2045 im Vergleich zu heute mehr als das Doppelte an Bus und Bahn. Überdies sei der ÖPNV auch stark vom demografischen Wandel betroffen: bis 2030 werden jährlich circa 6000 Arbeitnehmer*innen in ihren wohlverdienten Ruhestand treten. Sie hinterlassen eine große Personallücke. Dabei ist die Lage schon jetzt prekär, denn ein Viertel der deutschen Bevölkerung leide bereits heute unter einer schlechten Anbindung an den ÖPNV. Zu den Schlusslichtern gehört neben Sachsen-Anhalt unter anderem auch Niedersachsen. Vor diesem Hintergrund sei die Forcierung Autonomen Fahrens im ÖPNV von zentraler Bedeutung für eine Mobilitätswende. Ohne Automatisierung, so die These des Referenten, wird es bis 2030 sonst noch weniger ÖPNV-Angebote geben als bereits heute bestehen.
Mit der rechtlichen Rahmensetzung für autonomes Fahren hat Deutschland bereits die Weichen in Richtung Zukunft gestellt. 2024 wurde noch von der Ampel-Regierung eine Strategie zum Autonomen Fahren verabschiedet. Die aktuelle Bundesregierung hat sich ebenfalls vorgenommen einen Leitmarkt für autonomes Fahren zu schaffen. Allerdings werden bisher nur Modellregionen gefördert, deren Projekte nach dem Ende der Testversion in der Regel wieder verschwinden. Als gelungene Vorzeigeprojekte können jedoch KIRA in Offenbach/ Darmstadt und AHOI in Hamburg genannt werden. Seit September 2025 wird Albus auf einer bestehenden Linie in einem Vorort von Hannover erprobt.
Reiner Schäl vom ver.di-Landesbezirk Weser-Ems bewertete im Anschluss das Thema aus gewerkschaftlicher Sicht. Er bestätigte, dass der bestehende Personalmangel schon heute zu einem Angebotsrückgang durch längere Taktungen und der Einstellung ganzer Linien v.a. im ländlichen Raum führt. Gleichzeitig bedarf eine Automatisierung nicht unbedingt weniger Personal, sondern bringt im Wesentlichen veränderte und neue Berufsbilder mit sich. Zudem hängt der ÖPNV existenziell von der öffentlichen Finanzierung durch die Kommunen ab. Diese sehen sich jedoch nicht in der Lage, eine ausreichende Finanzierung des ÖPNVs sicherzustellen. Dabei braucht es weitreichende finanzielle Mittel, um den Verkehr vom motorisierten Individualverkehr – der noch immer 75% des Verkehrs ausmacht und zu hohen CO2-Emissionen im Verkehrssektor führt – zu verlagern. Wer diese Probleme lösen und damit eine ökologische und soziale Mobilitätswende erzielen will, muss nicht nur in öffentliches Autonomes Fahren investieren, sondern generell den ÖPNV massiv stärken und ausbauen.
